kurz erklärt – der Podcast für Neugierige

Kennt ihr das auch? Ihr macht etwas ganz Alltägliches, und dabei fragt ihr euch plötzlich: Warum ist das eigentlich so? Der vfa-Podcast „kurz erklärt“ geht genau solchen Fragen nach. Die Antworten geben Expertinnen und Experten aus forschenden Pharmaunternehmen, die sich mit dem Thema auskennen.

Seltene Erkrankungen – auf dem Weg zu neuen Therapien

Rund 8.000 seltene Erkrankungen sind bisher bekannt, die meisten von ihnen sind genetisch bedingt. Wieso Forschende bei der Suche nach Therapien vor besonderen Herausforderungen stehen, wird hier „kurz erklärt“.


Sprecherin:
Der 29. Februar ist ein seltener Tag. Daher ist dieser besondere Tag den „Rare Diseases“ gewidmet – den seltenen Erkrankungen.

Sprecherin:
Als selten gilt eine Erkrankung in der EU, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen daran erkranken. Ungefähr 8.000 solcher seltenen Erkrankungen sind bisher bekannt, und jedes Jahr kommen neue hinzu. Allein in Deutschland leben mindestens vier Millionen Betroffene mit einer seltenen Erkrankung, das sind immerhin fünf Prozent der Gesamtbevölkerung.
Warum ist die Erforschung seltener Erkrankungen so herausfordernd und wo stehen wir bei der Entwicklung neuer Therapien? Das fragen wir Rolf Hömke, Forschungssprecher des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen, in einer neuen Folge von „kurz erklärt“.

Sprecherin:
Die meisten der seltenen Erkrankungen, nämlich 80 Prozent, sind genetisch bedingt. Was bedeutet das?

Dr. Rolf Hömke:
Viele von diesen seltenen Erkrankungen kommen einfach daher, dass Menschen schon mit einem Gendefekt auf die Welt gekommen sind. Das heißt, ein Gen bei ihnen funktioniert nicht und ein Stoff kann daraufhin in ihrem Körper nicht gebildet werden. Oder ein anderer Stoff, der gebildet werden kann, aber regelmäßig auch wieder abgebaut werden muss, kann nicht wieder abgebaut werden und sammelt sich an. Das ist die Beschreibung für eigentlich zahlreiche Krankheiten mit unterschiedlichen Symptomen. Außerdem gibt es eine ganze Reihe von zum Glück seltenen Krebserkrankungen. Und alle Krebserkrankungen beruhen ja darauf, dass irgendwo in einigen Zellen ein Gendefekt ist, woraufhin die außer Kontrolle geraten. Also auch das sind letztlich genetische Erkrankungen.

Sprecherin:
Für die Erforschung neuer Therapien scheinen die seltenen Erkrankungen eine große Herausforderung zu sein. Warum ist das so?

Dr. Rolf Hömke:
Also letztlich, aus dem Grund, weil sie eben so selten sind. Deshalb gibt es einfach für die meisten von ihnen noch nicht so viel medizinisches Wissen wie über, sagen wir mal Asthma oder Multiple Sklerose oder so andere häufigere Krankheiten. Und zum anderen, wenn man eine neue Therapie erproben will, dann braucht man ja Studien, Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Und wenn die Krankheit aber so selten ist, dann braucht man ziemlich lange und muss in vielen Ländern suchen, um überhaupt genügend Menschen zusammenzubekommen, um diese Erprobung machen zu können. Gute Nachricht ist aber: Es war sehr, sehr schwierig, so was zu erforschen und entwickeln im 20. Jahrhundert. Und das hat sich deutlich verbessert dadurch, dass das Humangenom veröffentlicht wurde, das bei vielen Krankheiten eine enorme Hilfe ist, um schnell zu begreifen: Was ist da eigentlich im Körper los, und wo könnte man ansetzen, um den Menschen zu helfen?

Sprecherin:
Wie sehen denn konkrete Therapien bei seltenen Erkrankungen aus, und was bedeuten sie für die Patientinnen und Patienten?

Dr. Rolf Hömke:
Also seltene Erkrankungen gibt es natürlich in allen Ecken der Medizin. Und ich sage mal, Sie müssen eine seltene Vergiftung völlig anders behandeln als eben eine seltene Erbkrankheit. Aber wenn wir jetzt mal bei diesen seltenen Erbkrankheiten bleiben, da geht es eben darum, dass irgendwie das Fehlende wieder im Körper da sein muss. Das heißt, entweder man stellt den fehlenden Stoff außerhalb des Körpers her und gibt ihn als Medikament immer und immer wieder, mehrmals die Woche, meinetwegen. Oder man muss eben einige Zellen der Betroffenen mit einem intakten Gen ausrüsten, damit die den fehlenden Stoff wieder herstellen können. Beides ist von Pharmaunternehmen entwickelt worden. Für verschiedene Krankheiten. Nicht für jede eignet sich beides und nicht für jede ist beides schon verfügbar. Aber wenn eine Gentherapie verfügbar ist, dann heißt das, dass man einmal behandelt. Und wenn diese Behandlung gelungen ist, dann ist sie natürlich lange wirksam, richtig lange, vielleicht sogar lebenslang. Das weiß aber noch keiner, weil die Therapien ja noch nicht so lange überhaupt verfügbar sind. Aber jedenfalls es ist nicht das, dass man mehrmals die Woche immer und immer wieder den fehlenden Stoff nachgeben muss.

Sprecherin:
Durch die Fortschritte in der Pharmaforschung werden also immer mehr seltene Krankheiten überhaupt ursächlich behandelbar, und bei anderen gelingt die Behandlung immer nachhaltiger. Beides trägt dazu bei, das Leben der Betroffenen zu erleichtern. Das sind hoffnungsvolle Nachrichten zum Tag der Seltenen Erkrankungen am 29. Februar im Jahr 2024.

kurz erklärt – ein Podcast des vfa, der Verband der forschenden Pharmaunternehmen


mRNA – Neues Potential für die Krebsmedizin?

mRNA-Impfstoffe kennt seit Corona fast jeder. Aber wie kann das mRNA-Wirkprinzip auch auf andere Krankheiten wie Krebs übertragen werden? Hier wird „kurz erklärt“ welche Möglichkeiten und Chancen damit verbunden sind.


Sprecherin:
Am 10. Dezember 2023 geht der Medizin-Nobelpreis an Katalin Kariko. Ihre Grundlagenforschung öffnete das Tor zu mRNA-Impfstoffen, die wesentlich zur Entschärfung der Pandemie beigetragen haben.

Sprecherin:
Spätestens seit Corona haben die meisten Menschen schon mal von diesen vier Buchstaben gehört – m R N A. Aber was genau verbirgt sich eigentlich dahinter? Wie funktioniert das mit den mRNA-Impfstoffen? Und wieso kann der Mechanismus vielleicht auch gegen Krebs-Erkrankungen zum Einsatz kommen?
Rolf Hömke ist Forschungssprecher des Verbands Forschender Pharmaunternehmen. Er erklärt uns das alles in der neuen Folge „kurz erklärt“

Sprecherin:
Doch gehen wir vorher nochmal einen Schritt zurück.
Wie funktioniert das eigentlich mit den mRNA-Impfstoffen genau?

Dr. Rolf Hömke:
Impfstoffe haben immer die gleiche Idee, und die ist, dass man dem Immunsystem des Geimpften schon mal den Erreger zeigt, damit es sich vorbereiten kann. Dafür nimmt man entweder abgeschwächte echte Erreger, abgetötete Erreger oder man nimmt Bestandteile aus diesen Erregern. Die spritzt man ein oder man schluckt sie und die Immunzellen lernen daran, woran sie den Gegner erkennen müssen.

Seit einiger Zeit schon, seit vielen Jahren eigentlich, gab es die Idee, man könnte doch eigentlich auch den Körper selber diese Erregerbestandteile machen lassen. Alle Zellen sind im Stande, Proteine herzustellen – das ist ihr täglich Brot.

Sie machen das, weil sie selber Gene haben und in jedem Gen steht drin, wie man ein bestimmtes Protein machen muss. Damit dieses Protein entsteht, wird ein Gen erst abgeschrieben und da sind wir bei der Messenger RNA – das ist nämlich die Abschrift von einem Gen. Anhand dieser Abschrift stellt die Zelle dann ein Protein her.

Jetzt die Idee: Man stellt künstlich eine Messenger-RNA her für ein Erregerprotein. Und wenn man die spritzt, dann geht die in die Zellen hinein im Körper und die Zellen fangen für eine kurze Zeit an, Erregerproteine zu machen – das hört dann auch schnell wieder auf. Aber dann sind die Erregerproteine da und das Immunsystem lernt, sich auf den Erreger vorzubereiten.

Sprecherin:
Das ist ja ein spannendes Prinzip. Wie kann die mRNA-Wirkweise bei Krebs zum Einsatz kommen?

Dr. Rolf Hömke:
Also man hat mehrere Ideen, wie man es da einsetzen kann.
Eine ist, dass man auch wieder eine Impfung macht. Der Hintergrund ist der, dass die Situation bei Krebs ähnlich ist wie bei einer Infektion. Krebszellen sind mutiert, sind verändert und arbeiten nicht mehr richtig mit dem Körper mit, sondern dagegen. Aber sie sind auch überhaupt nur da und konnten sich vermehren, weil das Immunsystem sie nicht rechtzeitig bemerkt hat. Jetzt muss man ihm also zeigen: „Woran erkenne ich denn diese Krebszellen?“.

Man schaut sich die Krebszellen eines Patienten oder einer Patientin genau an, was daran genau mutiert ist. Genau diese mutierten Gene nimmt man und stellt im Labor die passende Messenger RNA her und benutzt die als Impfstoff. Dann passiert es, dass in der Blutbahn dieses Patienten, dieser Patientin noch mehr von diesen mutierten Proteinen auftauchen und dann merkt es das Immunsystem hoffentlich endlich, woran es Krebszellen erkennt.

Diese therapeutische Impfung gegen Krebs ist eine der Möglichkeiten, was man mit mRNA in der Krebstherapie machen kann.

Es gibt noch eine andere Idee. Da stellt man im Labor mRNA her, mit der Zellen einen Botenstoff machen können, der Immunzellen anlockt. Diese mRNA spritzt man direkt in den Tumorknoten hinein. Dann nehmen die Tumorzellen diese Messenger-RNA auf und fangen plötzlich an, diesen Botenstoff herzustellen, der verbreitet sich um den Tumor herum. Die Immunzellen kommen, gehen an den Tumor ran und wenn alles gut geht, fangen sie an, diesen Tumor zu bekämpfen.

Das ist eine weitere Idee, die man auch jetzt angefangen hat in Studien mit Patientinnen und Patienten zu erproben.

Sprecherin:
Für welche Krebsarten eignen sich die mRNA-Methoden?

Dr. Rolf Hömke:
Grundsätzlich sind das Methoden, die man für viele verschiedene Krebsarten einsetzen könnte. Man muss es aber jedes Mal wieder einzeln für jede Tumorart ausprobieren.

Also diese zweite Methode funktioniert natürlich nur dann, wenn Sie irgendwo einen Krebs haben, der wirklich diese Krebsknoten macht. Solide Tumore sagen die Mediziner dazu. Das könnte so was sein wie Brustkrebs, Prostatakrebs, Darmkrebs oder Lungenkrebs – da käme das in Betracht. Und nicht bei einer Leukämie, wo die Krebszellen völlig verteilt im Körper sind.

Die erste Methode kommt grundsätzlich überall in Betracht, wo eben bei Krebs die Mutationen auch zu deutlichen Veränderungen führen an einzelnen Proteinen.

Dazu kommt, es hat sich jetzt schon gezeigt, am besten ist es, wenn man so eine Therapie mit anderen kombiniert.

Sprecherin:
Momentan werden diese Medikamente noch intensiv erforscht. Wie lange wird es Ihrer Meinung nach dauern, bis mRNA-Krebsmedikamente zugelassen werden?

Dr. Rolf Hömke:
Die Firmen, die daran arbeiten, arbeiten schon so schnell, wie es möglich ist. Aber in der Entwicklung von Krebsmedikamenten geht nichts sehr schnell. Das liegt einfach daran, dass eine Krebstherapie ja nicht nur für den Moment die Krebszellen in Schach halten oder beseitigen soll, sondern das soll ja eine Therapie sein, die wirklich Monate oder idealerweise jahrelang dafür sorgt, dass der Krebs keine Gefahr mehr ist.

Das bedeutet aber, wenn man diese Medikamente erprobt, dann muss man auch entsprechend Monate und Jahre nachbeobachten, um zu sehen, wie viel diese Medikamente eigentlich leisten und bei wie vielen Leuten die Medikamente ansprechen.

Deswegen wird es noch Jahre dauern – auch wenn jetzt alles gelingt – bis es erste Zulassungen auf diesem Gebiet gibt.

Sprecherin:
Wenn man nochmal an die Corona-Impfung zurückdenkt: Da war Deutschland stark beteiligt. Ist das bei den mRNA-Medikamenten gegen Krebs auch so?

Dr. Rolf Hömke:
Deutschland ist wirklich ein starkes Land geworden für verschiedene Arten von mRNA-Impfstoffen und auch anderen RNA-Medikamenten.

Wir sind da stark, weil es Firmen gibt, die sich auf die Krebstherapieaspekte gut verstehen, aber auch weil es hier Firmen gibt, die sich darauf verstehen, wie man die ganzen Zutaten herstellt, die man für solche Medikamente braucht.

Deutschland ist da nicht alleine auf der Welt. Überall in der Welt wird an so was gearbeitet. Aber Deutschland ist vorne mit dabei.

Sprecherin:
Medikamente mit mRNA können also voraussichtlich weit mehr, als nur als Impfstoff gegen Covid-19 dienen. Für vielen Menschen mit schweren Erkrankungen wie Krebs könnten sich durch sie neue erfolgversprechendere Behandlungsmöglichkeiten ergeben.

kurz erklärt – ein Podcast des vfa, der Verband der forschenden Pharmaunternehmen


Wie kommt immer gleich viel Wirkstoff in die Tablette?

Die Menge des Wirkstoffs macht meist nur einen Bruchteil der Tablette aus. Was in Tabletten noch drin ist und wie es bei der Herstellung gelingt, den Wirkstoff immer gleichmäßig zu verteilen, wird hier „kurz erklärt“.


Sprecherin:
Wie lässt sich eigentlich sicherstellen, dass immer gleich viel Wirkstoff in jeder Tablette ist? Und wenn ich die Tablette genau in der Mitte teile, halbiert sich dann auch die Wirkstoffmenge? Es könnte doch auch eine halbe Tablette ohne Wirkstoff sein und in der anderen Hälfte wäre dann alles – schließlich macht die Menge des Wirkstoffs nur einen Bruchteil der Tablette aus. Was ist eigentlich in Tabletten drin, außer dem Wirkstoff? Und wie funktioniert das?

Sprecherin:
Die auf der Packungsbeilage angegebenen Wirkstoffmengen bewegen sich meist im Miligramm-Bereich. Die einzelnen Tabletten sind aber wesentlich schwerer, denn sie bestehen aus Wirkstoff und Füllstoffen. In dieser Mischung müssen die Wirkstoffmoleküle perfekt gleichmäßig verteilt sein. Dass das keine einfache Aufgabe ist, zeigt eine Müslitüte. In ihr sind unterschiedlich große Bestandteile, und die bleiben nicht automatisch gleichmäßig vermischt. Da gibt es kleine Bestandteile, die an den Boden der Tüte rieseln und große, die bleiben oben auf.

Sprecherin:
Sven Kleiber leitet die Arzneimittelherstellung bei Pfizer in Freiburg. Er sorgt für einen reibungslosen Produktionsablauf und kennt sich bestens mit den Bestandteilen fester Arzneimittel wie Tabletten aus.

Sven Kleiber:
Beim Pekannuss-Prinzip von einer Müslimischung setzen sich ja die großen Teile auf der Oberseite oder der Oberfläche des Müslis ab, weil die kleineren nach unten wandern. Bei unseren Pulvermischungen ist es so, dass die Rohstoffe an sich schon eine sehr gleichmäßige Partikelgröße aufweisen. Zusätzlich werden die Pulvermischungen auch sehr schnell nach Herstellung der Pulvermischung direkt weiterverarbeitet und in eine Tablette verpresst. Im Rahmen der Freigabeanalytik wird an statistischen Mustern außerdem anhand von einzelnen Tabletten nachgewiesen, dass diese Tabletten den Gehalt an Wirkstoff enthalten, den sie auch enthalten müssen.

Sprecherin:
Der Wirkstoff, das wären bei meinen Schmerztabletten zum Beispiel 400 Milligramm Ibuprofen. Die ganze Tablette wiegt aber mehr. Wieso?

Sven Kleiber:
In einer Tablette sind neben dem Wirkstoff auch noch Füllstoffe drin. Das hat den Grund, dass der Wirkstoff Gehalt in einer Tablette ja häufig sehr niedrig ist und damit man dann die Tablette in die Hand nehmen kann, braucht man noch Stoffe, die eine Masse zur Tablette hinzufügen, aber keine eigene Wirkung entfalten. Das ist zum Beispiel Zellulose. Enthalten, ist aber auch häufig Magnesiumstearat, was im späteren Produktionsprozess dazu führt oder dazu dient, dass die Tablette nicht auf den Produktionsequipment kleben bleibt.

Sprecherin:
Ist das bei allen Tabletten gleich?

Sven Kleiber:
Also was in einer Tablette enthalten ist, hängt eigentlich immer vom jeweiligen Anwendungsgebiet der Tablette ab. Enthalten sind immer Rohstoffe, die eine optimale Verarbeitung zu einer fertigen Tablette ermöglichen. Zusätzlich sind aber auch noch sogenannte Zerfallsbeschleuniger enthalten, die dazu führen, dass sich die Tablette im Darm oder im Magen zersetzt und so den Wirkstoff freisetzen kann. Und am Ende kommt meistens auch immer noch ein Filmüberzug auf die Tablette, der dann entweder eine kosmetische oder geschmackskorrigierende Wirkung hat oder auch eine verlängerte Wirkstofffreisetzung bewirken kann.

Sprecherin:
Das klingt sinnvoll. Aber wie werden nun Wirkstoff und Füllstoffe und das alles gleichmäßig vermischt?

Sven Kleiber:
Das Mischen der Rohstoffe findet in Edelstahlbehältern mit einem Fassungsvermögen von 100 bis 2000 Litern statt. Hierbei wird nicht wie bei einer Küchenmaschine die Mischung durch Rührstäbe hergestellt, sondern der Container mit den Rohstoffen wird in einen Containermischer eingespannt und die Rohstoffe innerhalb des Containers durch Drehungen automatisch vermischt. Die gleichmäßige Vermischung der Bestandteile wird dann über den Herstellungsprozess selber sichergestellt. Hierbei werden vorher im Rahmen der Prozessvalidierung Parameter festgelegt, wie zum Beispiel Umdrehungen pro Minute, und diese Parameter nach Festlegung werden für alle Chargen, die produziert werden, nicht mehr variiert. Zusätzlich wird dann aber auch noch die korrekte Herstellung natürlich bei jeder einzelnen Charge im Rahmen der Inprozesskontrolle und auch im Rahmen der Freigabeanalytik geprüft und bestätigt.

Sprecherin:
Ein Containermischer für 2000 Liter? Damit lassen sich eine Menge Tabletten herstellen. Was wird denn damit behandelt?

Sven Kleiber:
Bei Pfizer in Freiburg werden im Bereich der Herstellung fester Arzneiformen Medikamente zur Behandlung von Krebs, zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schmerztherapeutika sowie Medikamente gegen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel COVID 19 hergestellt mit einem Volumen von 14 Milliarden Tabletten und Kapseln pro Jahr.

Sprecherin:
Bei der Herstellung von Tabletten ist offensichtlich einiges zu bedenken. Gleichzeitig sollen neue Medikamente möglichst schnell für alle verfügbar sein. Wie geht das?

Sven Kleiber:
Dadurch, dass bereits in der Wirkstoffentwicklung und der Prozessentwicklung ein reger Austausch mit der Routineproduktion stattfindet, ist es uns möglich, die Medikamente schnell zu entwickeln und den Patienten zur Verfügung zu stellen.

Sprecherin:
Forschung und Entwicklung arbeiten ja erstmal mit viel kleineren Mengen. Menschen wie Sven Kleiber sorgen dann dafür, dass die Medikamente auch in großen Mengen mit immer gleich hoher Qualität hergestellt werden – und dass immer die richtige Wirkstoffmenge in jeder Tablette ist.

kurz erklärt – ein Podcast des vfa, der Verband der forschenden Pharmaunternehmen


Warum prüft die Diabetes-Forschung auf Herz und Nieren?

Ständiger Durst kann ein Anzeichen für Diabetes sein. Aber warum eigentlich? In diesem Podcast wird „kurz erklärt“, wie alles zusammenhängt und warum bei Typ-2-Diabetes nicht nur der Blutzucker im Fokus stehen sollte.


Sprecherin:
Irgendwie habe ich in letzter Zeit viel mehr Durst. Bin ich schwanger? Liegt es am Wetter? Am Stress? Habe ich etwa Diabetes? Ständiger Durst kann ein Anzeichen für Diabetes sein. Aber warum eigentlich?
Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselerkrankung, die zu erhöhtem Blutzucker führt. Bei Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes sind die Zellen im Körper unempfindlich für Insulin geworden. Das stört den Kohlenhydrat-Stoffwechsel. Denn das Hormon Insulin soll eigentlich steuern, dass die Zellen Zucker aus dem Blut aufnehmen – und sich so mit genug Energie versorgen können.
Wenn die Körperzellen den Zucker aus der Nahrung nicht richtig oder gar nicht aufnehmen können, bleibt er im Blut. Der Blutzuckerspiegel steigt und der Körper versucht, den überschüssigen Zucker mit dem Urin auszuscheiden. Der Harndrang nimmt zu und die Betroffenen verspüren mehr Durst. Aber ist das alles?
Dr. Ruth Lohr ist seit 14 Jahren bei Boehringer Ingelheim und arbeitet seit einigen Jahren in der medizinischen Abteilung für Diabetes und Herzerkrankungen.

Dr. Ruth Lohr:
Allein in Deutschland gibt es fast 6 Millionen Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes. Weltweit sind es über 460 Millionen Menschen. Und wenn man Prognosen anschaut, denen zufolge wird sich die Zahl bis zum Jahr 2045 sogar verdoppeln.
Aber nicht nur die Anzahl von Menschen mit Typ-2-Diabetes ist alarmierend, sondern auch die möglichen Folgeerkrankungen der Betroffenen. So kann Typ-2-Diabetes immense Schäden an anderen Organen wie zum Beispiel Herz und Nieren verursachen.

Sprecherin:
Die Nieren funktionieren wie ein Filter, der Schadstoffe aussiebt, die dann über den Urin ausgeschieden werden. So kann ein dauerhaft zu hoher Blutzucker die Nieren nachhaltig schädigen. Aber wirkt sich Diabetes auch aufs Herz aus?

Dr. Ruth Lohr:
Menschen mit Typ-2-Diabetes erleiden vier Mal so häufig eine Herzerkrankung wie Menschen ohne Typ-2-Diabetes, und das Risiko, an einer Herzerkrankung zu versterben, ist doppelt so hoch.

Sprecherin:
Diese Erkrankung kann also nicht nur an die Nieren gehen. Die Erkenntnis, dass es einen Zusammenhang zwischen Typ-2-Diabetes und Schäden an anderen Organen gibt, hat auch die Forschung verändert.

Dr. Ruth Lohr:
Ja, in der Forschung hat in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. Über Jahrzehnte hat man sich in der Diabetestherapie auf den sogenannten „Langzeitblutzucker“ konzentriert, den Blutzucker der vergangenen 8-12 Wochen. Aber heute ist dieser Wert nicht mehr der alleinige Maßstab. Bei der Wahl der Typ-2-Diabetestherapie wird inzwischen darauf geachtet, ob Herz oder Nieren bereits geschädigt sind oder es Risikofaktoren für eine solche Schädigung gibt. Die enge physiologische Verzahnung von Stoffwechsel, Herz und Nieren ist das, was uns aktuell in der Forschung beschäftigt.

Sprecherin:
Auch in der Forschung wird also auf Herz und Nieren geprüft. Doch Ausgangspunkt bleibt der erhöhte Blutzucker. Er lässt sich bei Menschen mit Typ-2-Diabetes auf verschiedene Arten senken: Entweder es wird weniger Zucker aufgenommen oder der Zucker wird besser vom Stoffwechsel im Körper abgebaut oder es wird mehr Zucker ausgeschieden.

Dr. Ruth Lohr:
Dieser zuletzt genannte Effekt lässt sich mit einer bestimmten Wirkstoffklasse erreichen. Die sogenannten SGLT2-Inhibitoren wurden mit dem Ziel entwickelt, die Therapie für Typ-2-Diabetes weiter zu verbessern.

Sprecherin:
SGLT2-Inhibitoren?

Dr. Ruth Lohr:
Genau. Sie werden auch SGLT2-Hemmer genannt. SGLT2 heißt ein Eiweiß, ein Protein, das den Zucker aus dem Blut in die Körperzellen transportiert. Wird dieses Protein in den Nieren gehemmt, fördert das die Ausscheidung von Zucker über den Urin. Dadurch nimmt der Blutzucker ab. Und ein positiver Nebeneffekt ist außerdem, dass auch das Gewicht und der Blutdruck so gesenkt werden können.
SGLT2-Inhibitoren können je nach Ausprägung des Typ-2-Diabetes als Einzeltherapie oder auch in Kombination mit anderen Diabetesmedikamenten verwendet werden. Die Substanzklasse hat in den vergangenen Jahren in vielen großen klinischen Studien gezeigt, dass sie auch eine positive Wirksamkeit auf Herz- und Nierenerkrankungen hat. Deshalb kommt diese Substanzklasse jetzt auch bei der Behandlung von chronischer Herzschwäche zum Einsatz.

Sprecherin:
Was Dr. Ruth Lohr von Boehringer Ingelheim da beschreibt, klingt spannend – und verspricht eine bessere Behandlung für Menschen mit Typ-2-Diabetes. Es lohnt sich also offenbar, auf Herz und Nieren zu prüfen.

kurz erklärt – ein Podcast des vfa, der Verband der forschenden Pharmaunternehmen